Reiche Ernte auf dem weiten Feld des Jazz -


Kiel – Was gibt es eigentlich über diese vier Musiker noch zu sagen, was nicht schon längst gesagt worden wäre? Nicht viel, wenn wir ehrlich sind.
Wer sich in den letzten zwei Jahrzehnten mit der regionalen Jazz-Szene in und um Kiel herum befasst hat, dem sind die Mitglieder des Clasen Köhler Quartetts längst ein Begriff und ein Garant für erstklassige Bearbeitungen bekannter und vergessener Stücke aus dem weiten, weiten Feld des Jazz.

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Mit beeindruckendem Gespür für Melodie und Rhythmus:
Gesche Clasen und Jens Köhler. Foto Schaller


Da ist natürlich zuallererst Gesche Clasen, die schweigsame Frontfrau an der Querflöte, die sich in so ziemlich allen Musikstilen auskennt und wohl fühlt, die man sich vorstellen kann. Beim heutigen Konzert im angenehm besuchten KulturForum beweist sie einmal mehr, dass es vor allem der Jazz der 40er- bis 60er-Jahre ist, der es ihr angetan hat. Ob Billie Holidays sehnsüchtelnder Lover Man (Oh, Where Can You Be?), Bobby Timmons' Proto-Souljazz-Klassiker Moanin' oder Antonio Carlos Jobims Bossa-Nova-Evergreen Wave – mit beeindruckendem Gespür für Melodie und Rhythmus zeichnet Clasen auf ihrem Instrument Gesangslinien nach; und das auf eine Weise, die kühl und warm zugleich erscheint.

An der hochgeschnallten E-Gitarre steht Jens Köhler, Autodidakt und Leiter des Landesjugendjazzorchesters Schleswig-Holstein, und zupft die Saiten wie weiland der junge George Benson oder der prägende Wes Montgomery, dem mit dem verspielten Jazz-Walzer Full House die ihm gebührende Ehre erwiesen wird.
Es ist fast auf den Monat genau 20 Jahre her, dass Gesche Clasen und Jens Köhler ihre erste gemeinsame LP, Autumn Leaves, veröffentlicht haben. Damals wie heute mit von der Partie: Harry Kretzschmar, mittlerweile einer der Top-Kontrabassisten im norddeutschen Raum und Mitglied der Polizei Bigband Schleswig-Holstein. Seine Soli sind zurückhaltend und präzise – eine Eigenschaft, die er übrigens mit Ulrich „Miele“ Meletschus am Schlagzeug teilt. Meletschus beschränkt sich fast ausschließlich aufs feine, swingende Besenspiel und verleiht damit einem Latin-Jazz-Standard wie Luiz Bonfás Manhã de Carnaval (Black Orpheus) eine geheimnisvolle Verhaltenheit.

Im Publikum sitzen Fans von damals und blutjunge Neueinsteiger von heute. Bis zuletzt Begeisterung auf allen Plätzen – und das nicht bloß bei den Puristen. Irgendwann hoffentlich mehr davon.
Von Jens Raschke

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